Antibiotikaresistenz bei Umweltbakterien

Was bedeutet Antibiotikaresistenz? | Die Studie

Die Antibiotikaresistenz
Antibiotika (Foto: Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz, F. Lazzeri)

Antibiotika sind Medikamente zur Behandlung bakterieller Infektionen. Sie wirken bakterienabtötend oder hemmen deren Wachstum und zählen zu den häufigsten verschriebenen Medikamenten. Die steigende Antibiotikaresistenz gefährdet allerdings die bisherigen Erfolge in der Behandlung bakterieller Infektionen. In den letzten Jahren nahm die weltweite Verbreitung von antibiotikaresistenten Bakterien zu, insbesondere von ESBL-produzierenden Bakterienstämmen (ESBL = extended spectrum beta lactamase). Diese können die häufig auch beim Menschen eingesetzten Beta-Laktam-Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine) unwirksam machen. Dazu zählen beispielsweise Escherichia coli-Bakterien.

Die Antibiotikaresistenz hat  beträchtliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Wie häufig tritt Antibiotikaresistenz bei Umweltbakterien in Südtiroler Fließgewässern auf? Das Biologische Labor hat dazu eine erste Studie durchgeführt. Es wurden Stämme von Escherichia coli und Salmonellen untersucht, beides Bakterien mit einer möglichen Resistenz gegenüber Beta-Laktam-Antibiotika.

Was bedeutet Antibiotikaresistenz?

Eine Antibiotikaresistenz ermöglicht Bakterien trotz Anwesenheit von einem oder mehrerer Antibiotika zu überleben, sich zu vermehren und eine Infektion auszulösen.

  1. Verstärkter und/oder unangemessener Einsatz von Antibiotika sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin

  2. Einsatz von Antibiotika in Tierhaltung und Landwirtschaft

  3. Verbreitung von Krankenhausinfektionen verursacht durch antibiotikaresistente Mikroorganismen

  4. Zunahme resistenter Stämme aufgrund des zunehmenden internationalen Reiseverkehrs und der Migrationsströme

Bakterien werden auf unterschiedliche Weise gegen Antibiotika resistent:

  1. durch Ausstoß des Antibiotikums

  2. durch eine für das Antibiotikum undurchlässige Zellmembran

  3. durch strukturelle Änderung des Antibiotikums, um es zu inaktivieren

  4. durch Änderung der Proteine, mit denen das Antibiotikum interagiert

Die Zunahme multipler Resistenzformen bei einigen krankheitserzeugenden Bakterien ist eine äußerst beunruhigende Entwicklung. Multiresistente Bakterien, sogenannte Superbakterien, sind in der Lage, sich auch bei Anwesenheit mehrerer Antibiotikaklassen zu vermehren. Einige sind sogar gegenüber jedem bekannten Antibiotikum resistent. Um diese Stämme zu bekämpfen, sucht man in der Wissenschaft ständig nach neuen antibiotisch aktiven Substanzen.

    Die Resistenz gegenüber Antibiotika ist ein natürliches Phänomen. Bakterien vermehren sich sehr schnell, sie kopieren ihr Erbgut und erzeugen eine neue DNA-Kopie. Dabei können manchmal Kopierfehler, sogenannte Mutationen, auftreten. Einige dieser Mutationen können zur Entwicklung von Antibiotikaresistenzen führen. Bakterien der gleichen Art aber auch Bakterien verschiedener Arten können außerdem kleine DNA-Fragmente (Plasmide) austauschen und dabei eine Antibiotikaresistenz erlangen. Auch kleine Viren, die Phagen, können Antibiotikaresistenzgenen übertragen, wenn sie verschiedene Bakterienstämme befallen und genetisches Material von einem zum anderen Bakterium übertragen.

    Die Verwendung von Antibiotika in Human- und Veterinärmedizin hat die Selektion resistenter Mikroorganismen begünstigt. Diese resistenten Bakterienstämme können in die Umwelt freigesetzt werden und somit auch in die Nahrungskette gelangen. Die Resistenz gegenüber Antibiotika kann zwar nicht von Bakterien auf Menschen oder Tiere übertragen werden, eine Übertragung von Resistenzgenen auf andere Bakterien ist jedoch über den sogenannten "horizontalen Transfer" möglich.

    • über Punktquellen wie Abwasser aus Kläranlagen
    • über diffuse Quellen wie das Ausbringen von organischem Dünger auf Wiesen
    • über Weidetiere, die mit Antibiotika behandelt wurden

    Ausgehend von diesen Quellen können Antibiotika in die Nahrungskette gelangen.

    Wenn antibiotikaresistente Bakterien in die Nahrungskette gelangen, besteht das Risiko, dass diese Resistenzen auf Bakterien übertragen werden, die den menschlichen Darm besiedeln, und von diesen wiederum auf krankheitserregende Bakterien, die den Menschen infizieren könnten. Dadurch wird eine Antibiotika-Therapie unwirksam. Dasselbe Risiko besteht auch im Veterinärbereich: die Entwicklung von Resistenzen führt zu einer geringeren Verfügbarkeit von Antibiotika, die zur Behandlung bakterieller Infektionen bei Haus- und Nutztieren eingesetzt werden können. Die Freisetzung von Antibiotika-Rückständen in die Umwelt stellt ein Risiko dar; Wasser, Boden und Vegetation können kontaminiert werden. Rückstände können weiterhin aktiv sein, gegen in der Umwelt häufig vorkommende Bakterien wirken und durch komplexe Mechanismen außerdem zur Selektion resistenter Bakterien beitragen.
    Maßnahmen dürfen sich nicht nur auf die menschliche und tierische Gesundheit beschränken, sondern müssen gemäß dem ganzheitlichen Ansatz des Aktionsplans "One Health" auch andere Bereiche wie Landwirtschaft und Umwelt berücksichtigen.

    Es wurden drei Hauptstrategien zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz identifiziert:

    1. Umsichtiger Einsatz von Antibiotika, um das Entstehen und die Ausbreitung von Resistenzen zu verhindern
      Die in Italien und Europa festgestellte Antibiotikaresistenz steht in direktem Zusammenhang mit dem übermäßigen und unangemessenen Einsatz von Antibiotika.

    2. Anwendung bewährter Praktiken für Infektionskontrollen, um die Ausbreitung resistenter Bakterien zu verhindern

    3. Förderung der Entwicklung von Antibiotika mit neuen Wirkmechanismen, da Antibiotikaresistenzen mit der Zeit unweigerlich zunehmen werden

     

      die Umsetzung bewährter Praktiken hinsichtlich Infektionskontrollen sind wichtig, um eine Ausbreitung resistenter Bakterien zu verhindern

      Die Studie des Biologischen Labors

      Im Rahmen des Überwachungsprogramms für Oberflächengewässer wurde nach ESBL (extended spectrum beta lactamase) resistenten Escherichia coli und Salmonellen gesucht. Dazu wurden zwischen Mai und August 2019 105 Wasserproben an 51 Probenpunkten und die im Zeitraum 2017-2019 aus Südtiroler Fließgewässern isolierten Salmonellenstämme auf ihre Antibiotikaresistenz untersucht.

      Aus 39 Proben von den 105 untersuchten Wasserproben (49% der Probenpunkte) wurden ESBL-positive Stämme von Escherichia coli isoliert (Stämme von Enterobakterien, die Beta-Laktamase produzieren und daher antibiotikaresistent sind). Die 57 isolierten Escherichia coli-Stämme waren alle gegenüber Cefotaxim resistent, 16 Stämme zeigten zusätzlich Mehrfachresistenzen gegenüber verschiedenen Antibiotika. Sie waren insbesondere in Proben nachweisbar, die unterhalb von Kläranlagen entnommen wurden. In keinem Salmonellen-Stamm wurde hingegen eine Antibiotikaresistenz nachgewiesen.

      Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass auch in Südtirol antibiotikaresistente Umweltbakterien vorhanden sind. Die Europäische Kommission fordert im Aktionsplan "One Health", der die komplexen Beziehungen zwischen Mensch, Tier und Umwelt beschreibt, die Mitgliedstaaten auf, mittels geeigneter Maßnahmen die Bildung von Antibiotikaresistenzen zu verringern.


       

      Verteilung der Probenpunkte im Jahr 2019 für den Nachweis von antibiotikaresistenten E. coli. (Quelle: Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz, M. Ladurner)
      Verteilung der Probenpunkte im Jahr 2019 für den Nachweis von antibiotikaresistenten E. coli (Quelle: Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz, M. Ladurner).
      Verteilung der Probenpunkte im Triennium 2017-2019 für den Nachweis von Salmonellen. (Quelle: Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz, M. Ladurner)
      Verteilung der Probenpunkte im Triennium 2017-2019 für den Nachweis von Salmonellen (Quelle: Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz, M. Ladurner).

      Hinweis: Die Ergebnisse der genannten Studie stammen aus der Diplomarbeit “Antibiotikaresistenz in der Umwelt: Nachweis von extended-spectrum β-Lactamase (ESBL) produzierenden Escherichia coli und Salmonellen in den Fließgewässern Südtirols” von Monika Ladurner, eingereicht an der Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe Bozen “Claudiana”- Università Cattolica del Sacro Cuore di Roma, Akademisches Jahr 2018/2019, Erstbetreuerin: Dr. Alberta Stenico.

       

       

      Kontakt: Biologisches Labor