Biologische Phänomene

Kieselalgen, auch Diatomeen genannt, sind einzellige Algen, die in Seen im Wasser schweben (pelagische Diatomeen) oder sich am Gewässergrund (benthische Diatomeen) ansiedeln. Ihre siliziumhaltigen Zellhüllen bestehen aus zwei Hälften, die sich wie Schachtel und Deckel ineinanderfügen, und weisen charakteristische Formen und Strukturen auf. Ihre Größe liegt im Bereich von wenigen tausendstel Millimeter.
Im Sommer 2021 wurden am Vernagter Stausee eine unübliche Trübung des Gewässers sowie weiß verfärbte Steine im Uferbereich festgestellt. Eine Reihe von Untersuchungen zeigte dabei, dass es sich um keine Verunreinigung des Gewässers, sondern um ein biologisches Phänomen handelte. Eine Blüte von einzelligen Kieselalgen der Gattung Fragilaria führte zur Trübung des Gewässers. Die weiße Verfärbung der Steine im Uferbereich entstand durch die Ablagerung von Schalen abgestorbener Kieselalgen beim Rückgang des Wasserpegels des Stausees.
Wie kommt es im Detail zu einer Kieselalgenblüte?
Von einer Kieselalgenblüte spricht man bei einer massenhaften Vermehrung der Kieselalgen. Damit es dazu kommen kann, muss eine Reihe von Faktoren eine solche Blüte begünstigen, wie:
- Temperaturoptimum
- Ausreichend Nährstoffe (insbesondere Silizium)
- Richtige Lichtverhältnisse.
Im Vernagter Stausee wurden sowohl die Kieselalgen aus der freien Wassersäule (pelagische Diatomeen) als auch die Kieselalgenablagerungen auf den weiß verfärbten Steinen unter dem Lichtmikroskop untersucht. Bei den pelagischen Diatomeen dominierte eine Art der Gattung Fragilaria mit einer Zelldichte von 17 Millionen Zellen pro Liter. Bei einem solchen Massenaufkommen spricht man von einer Kieselalgenblüte. Der weiße Belag auf den Steinen bestand aus einer Vielzahl verschiedener Kieselalgen, wobei auch hier dieselbe Art der Gattung Fragilaria dominierte.

Ufer des Vernagter Stausees mit Steinen mit weißer Ablagerung (Foto: Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz)
Ergebnisse aus den chemischen Untersuchungen
Die Wasserproben im September 2021 zeigten einen basischen pH-Wert, was für einen Stausee in dieser Gegend unüblich und Hinweis für eine verstärkte Photosyntheseaktivität von Algen oder Wasserpflanzen ist. Ein Monat später hatte sich der pH-Wert wieder neutralisiert. Die Konzentrationen der Metalle, der Salzanionen und -kationen im See und in den Zuflüssen, lagen innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte und zeigten keine Auffälligkeiten. Die Ergebnisse der unterschiedlichen Entnahmepunkte waren sehr ähnlich und typisch für einen mit Gletscherwasser gespeisten See. Der Silikatgehalt war insbesondere in den Wassertiefen mit erhöhtem Kieselalgenaufkommen nieder, da gelöstes Silikat von den Kieselalgen für das Wachstum benötigt und aufgenommen wird. Die optischen Aufnahmen des Rasterelektronenmikroskops der weiß verfärbten Steine zeigten schmale längliche Kristalle und die Elementaranalyse belegte, dass die Kristalle aus Silizium und Sauerstoff zusammengesetzt waren.
Das Wachstum der Kieselalgen wird über den Winter wieder abnehmen und der See wird sich sehr wahrscheinlich wieder natürlich regulieren. Somit kann davon ausgegangen werden, dass der See nach der kalten Jahreszeit wieder klar sein wird. Der weiße Belag auf den Steinen am Seeufer wird vermutlich etwas länger verbleiben. Ob es sich bei dieser Erscheinung um ein eimaliges Phänomen handelte oder ob und wo es sich wiederholen wird, ist schwer vorherzusagen. Global ist zu beobachten, dass sich Phänomene dieser und ähnlicher Art, auch bedingt durch die Klimaerwärmung, in den letzten Jahren gehäuft haben. Selbstverständlich wird der Vernagter Stausee auch in Zukunft weiterhin von den zuständigen Laboratorien überwacht.
Kontakt:
Biologisches Labor
Labor für Wasseranalysen und Chromatographie