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Tour zu Nachhaltigkeit in St. Ulrich: Mobilität und Tourismus im Fokus

Ein Informationsabend am Dienstagabend (8. März) in St. Ulrich gab den Auftakt zu einer breit angelegten Diskussion mit Bürgerbeteiligung zu den Nachhaltigkeitszielen des Landes Südtirol.

Südtirols Nachhaltigkeitsstrategie mitgestalten können Interessierte in diesen Wochen bei einer Veranstaltungsreihe in ganz Südtirol. Erste Station der Tour war am gestrigen Dienstagabend (8. März) in St. Ulrich. Wie die Zukunft nachhaltig gestaltet werden kann und welche Zukunft die Menschen sich überhaupt wünschen, stand beim Informationsabend mit Landeshauptmann Arno Kompatscher und Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider, Bürgermeister Tobia Moroder, Bezirksgemeinschaftsvizepräsidentin Christine Senoner, EURAC-Research-Präsident Roland Psenner sowie Journalistin und Moderatorin Sabina Drescher im Mittelpunkt.

Anwesende wünschen mehr Vielfalt, Zusammenarbeit, Gemeinwohl und Klimapolitik

Nachhaltigkeit ist für die Anwesenden ein wichtiges Thema, das zeigte die spontane Umfrage unter den 120 anwesenden Bürgerinnen und Bürgern vor Ort (4,4 von 5 Punkten). In Wirtschaft und Innovation sowie Bildung und Kultur stehe Südtirol gut da, bei Natur und Umwelt dagegen weniger, so die Meinung der Anwesenden. Herausforderungen für Südtirol in puncto Nachhaltigkeit seien VerkehrKlimawandelsoziale Gerechtigkeit, Overtourismus und Fachkräftemangel. Für die Zukunft (2030) wünschen sich die Veranstaltungssteilnehmer sprachliche, kulturelle Vielfalt und eine digitale Lebensweise sowie eine kollektivistische Gesellschaft und - mit Blick auf die Wirtschaft - mehr Kooperation und Ausrichtung aufs Gemeinwohl. Es solle eine partizipative Politikkultur geben und nationale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Klimapolitik soll priorisiert werden, ebenso wie ressourcenorientierte Produktionsweisen.

Umsetzung braucht Jahre - Auf Lebensqualität und Ausgleich achten

Anhand von Studienergebnissen zeigte Professor Psenner, Präsident der Eurac Research, verschiedene Umweltentwicklungen und entsprechende Herausforderungen auf, etwa die Erderwärmung oder die Landnutzungsänderung. "Von der Umsetzung von Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz bis zur Rückkehr in den vorherigen Zustand braucht es oft Jahrzehnte“, betonte Psenner und verwies darauf, dass es jetzt darum gehe, den Übergang zu schaffen.

Nachhaltigkeit umfasse ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte, für die es ein Gleichgewicht zu finden gelte, damit die Gesellschaft Lebensqualität finde, unterstrich Bürgermeister Moroder. Da sich Gröden sehr rasant entwickelt habe, sei es nun schwierig, einen Schritt zurückzugehen, sagte Moroder.

Kompatscher: "Südtirol soll noch vor 2050 klimaneutral werden"

Landeshauptmann Kompatscher betonte: "Wir wollen klimaneutral werden, richtig klimaneutral – vor 2050!" Es gelte, künftig ressourcenschonender zu leben und zu wirtschaften, was nicht unbedingt Verzicht bedeute, aber eine Konzentration darauf, was wirklich gebraucht werde. Um dem akuten Aussterben von Tieren und Pflanzen entgegenzuwirken, müssten Naturräume geschützt werden. In Südtirol sei man dabei auf gutem Weg, denn ein Viertel der Landesfläche sei bereits geschützt, aber auch die Landwirtschaft sei neu zu gestalten, sagte Kompatscher. Südtirol müsse sich dabei laut Kompatscher an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals/SDGs) orientieren. "Wir laden alle ein, beim Ausarbeiten des Grundsatzpapiers zur nachhaltigen Entwicklung und bei dessen Umsetzung mitzumachen, um Südtirol auch für die Zukunft lebenswert zu gestalten", hob der Landeshauptmann hervor.

Alfreider: "Für sanfte Mobilität auf den Dolomitenpässen braucht es Kooperation" 

Mobilität als Grundbedürfnis solle gemeinsam nachhaltig gestaltet werden, unterstrich Mobilitätslandesrat Alfreider. Dafür würden Verkehrswege genau analysiert und wo immer möglich der Umstieg auf saubere und sanfte Mobilität gefördert. Um vom Privatauto als Hauptmobilitätsmittel wegzukommen, werden laut Alfreider die Dienste für Bus und Zug potenziert und die Fuß- und Radmobilität gefördert.

Bei den Fragen der Bürgerinnen und Bürger ging es vor allem um Mobilität und Tourismus. Für ein neues Mobilitätsmanagement für die Dolomitenpässe brauche es digitale und rechtliche Voraussetzungen (beispielsweise für Sperren) und die verstärkte Zusammenarbeit der betroffenen Regionen und Gemeinden. Für 2022 sind mehrere Maßnahmen vorgesehen, unter anderem genauere Kontrollen und Lärmmessungen bei den Motorrädern und Autos sowie Eingriffe gegen das "wilde" Parken. Alfreider erläuterte dazu: "Eingreifen müssen wir nicht erst auf den Pässen, sondern bereits davor durch Besucherlenkung". Langfristiges Ziel sei eine Zutrittsbeschränkung. Große Events wie die Skiweltmeisterschaft sollten als Chancen genutzt werden, um in nachhaltige Mobilität zu investieren, sagte der Mobilitätslandesrat. Für eine Grödner Bahn gebe es seitens der STA zwar eine Trassenstudie, aber aktuell keine Finanzierung. 

Angeregt war auch die Diskussion zu von der Landesregierung angedachten Maßnahmen gegen die quantitative Erweiterung von Tourismusbetrieben. Kompatscher erinnerte dabei an die Grenzen des Wachstums, nicht nur im Sinne der Umwelt und der Qualität des Angebotes, sondern auch im Sinne des Gastes. In Anbetracht der zunehmenden Schwierigkeiten, Personal zu finden, sei es zudem sehr fraglich, ob es sinnvoll sei, das Angebot zusätzlich auszubauen.

Am heutigen Mittwoch (9. März) gibt es im Kulturhaus in St. Ulrich eine moderierte Zukunftswerkstatt. Dabei können Interessierte Themen vertiefen und an der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes mitarbeiten. 


Link zur Originalaussendung mit den eventuellen dazugehörigen Fotos, Videos und Dokumenten

san