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Elektrosmog: Neue Grenzwerte

LPA - Italienweit gelten ab sofort neue Elektrosmog-Grenzwerte. Für den Hochfrequenzbereich wurden die sechs Volt/Meter elektrischer Feldstärke als Qualitätsziel bestätigt, im Niederfrequenzbereich gelten hingegen drei Mikrotesla als Qualitätsziel und somit als Grundlage für die Bemessung der Abstände zu Stromleitungen. "Während wir mit den Grenzwerten für den Hochfrequenzbereich gut zu Recht kommen", so der Leiter des Landeslabors für physikalische Chemie, Luigi Minach, "während das Qualitätsziel für den Niederfrequenzbereich zu weitmaschig ist. In Südtirol werden drei Mikrotesla nicht einmal an den problematischsten Stellen erreicht." Labordirektor Minach lädt die Gemeinden daher im Bedarfsfall zu einer eingehenden Situationsanalyse und -bewertung ein, um die Bevölkerung vor Strahlenbelastung zu schützen.

Die neuen gesamtstaatlichen Elektrosmog-Grenzwerte sind in Kraft. Das teilt das Labor für physikalische Chemie in der Landesumweltagentur mit. Das entsprechende Dekret (DPCM 08.07.2003) des Ministerpräsidenten, dem das staatliche Rahmengesetz (Nr. 36/01) zu Grunde liegt, wurde auf Vorschlag des Umweltministeriums und des Gesundheitsministeriums erlassen und schreibt neue Grenzwerte, Vorsorgewerte und Qualitätsziele zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor nicht-ionisierender Strahlung (NIR) fest.

Die Grenzwerte beziehen sich:
für den Hochfrequenzbereich (100kHz – 300 GHz) auf die elektromagnetischen Felder, die von fix installierten Anlagen ausgehen, also z.B. den Antennenanlagen des Fernmeldewesens bzw. Rundfunk und Fernsehen; 
für den Niederfrequenzbereich (50 Hz) auf die elektrischen und magnetischen Felder, die von Stromleitungen ausgehen.
Die Unterscheidung zwischen Hoch- und Niederfrequenz wurde vorgenommen, da abhängig von der Frequenz (eine physikalische Größe, die die Strahlung charakterisiert) die möglichen Auswirkungen auf den menschlichen Organismus sehr unterschiedlich sind. 

Welche Auswirkungen hat dieses Dekret auf Südtirol:
Im Hochfrequenzbereich bestätigt das neue Dekret im Wesentlichen die Bestimmungen des vorhergehenden Ministerialdekretes, also das Qualitätsziel von sechs Volt/Meter für die elektrische Feldstärke, womit Italien deutlich strengere Maßstäbe setzt, als die meisten anderen europäischen Länder, die sich an den von der Internationalen Kommission für nicht-ionisierende Strahlung (ICNIRP) vorgeschlagenen Wert von 41 Volt/Meter halten. In dem nun im Gesetzesanzeiger veröffentlichten Dekret wird der Gültigkeitsbereich der genannten Grenzwerte genau angegeben: Die 6 Volt/m gelten demnach “im Inneren von Gebäuden, die für eine Aufenthaltsdauer von mehr als 4 Stunden am Tag vorgesehen sind, sowie den zugehörenden Balkonen, Terrassen, Innenhöfen, ausgenommen Dachterrassen". Außerdem gilt das Qualitätsziel für „viel begangene Flächen im Freien”. Darunter versteht man auch bebaute Flächen, welche dauerhaft für soziale und sanitäre Belange sowie zur Erholung eingerichtet wurden.
"Die neuen Bestimmungen werden das derzeitige Bewertungsverfahren von Sendeanlagen in Südtirol kaum verändern werden", erklärt Laborleiter Minach, "da bereits jetzt von den Betreibern gefordert wird, dass die Anlagen und die Standorte so geplant sein müssen, dass die 6 Volt/m an Orten mit längerer Aufenthaltsdauer deutlich unterboten werden."

Im Niederfrequenzbereich bestätigt das neue Dekret den bereits bestehenden Grenzwert von 100 Mikrotesla (µT) für die magnetische Induktion. Es handelt sich dabei um einen Wert, der ebenfalls von der ICNIRP empfohlen und deshalb in der Gesetzgebung der meisten anderen europäischen Staaten übernommen wurde. Dieser Grenzwert wird allerdings von vielen Forschern als überhöht eingestuft, da er nur vor den sogenannten akuten Effekten nicht aber vor den möglichen Langzeitfolgen schützt. Aus diesem Grund wurden in dem neuen Dekret für die magnetische Induktion zusätzlich weitere strengere Bestimmungen eingeführt: Ein Vorsorgewert von 10 µT und ein Qualitätsziel von 3 µT. Die Sicherheitsabstände zu den Stromleitungen müssen also künftig im Sinne des Qualitätsziels von 3 µT bemessen werden. Dies gilt sowohl für die Planung neuer Stromleitungen als auch für die Planung neuer Wohngebiete im Umfeld bereits bestehender Stromleitungen. Die 1992 gesamtstaatlich festgelegten Sicherheitsabstände sind damit abgeschafft.
"Es ist allgemein bekannt, dass es bei der Ausarbeitung dieses Gesetzes in der Kammer, im Senat und in der Staat-Regionen-Konferenz zu erheblichen Kontroversen gekommen ist", so Minach, "da viele deutlich strengere Grenzwerte für die magnetische Induktion gefordert haben, z.B. 0,2 µT oder 0,5 µT, wie in einem der vorhergehenden Gesetzesvorschläge angegeben. Einige Regionen haben auch bereits entsprechende Regionalgesetze mit strengeren Grenzwerten erlassen, gegen die aber derzeit Rekurse laufen. Für Südtirol kann gesagt werden, dass dieses neue Dekret als Qualitätsziel einen Wert vorschreibt, der nicht einmal an den kritischen Stellen unseres Landes überschritten wird: so z.B. in Milland bei Brixen, wo mehrere Häuser in Nahbereich von Hochspannungsleitungen stehen. Würde man z.B. beschließen, in Milland die Hochspannungsleitungen zu verlegen, so ist anzunehmen, dass die Betreiber für die Verlegungskosten nicht aufkommen, weil die Grenzwerte eingehalten sind. Da klarerweise niemand im Nahbereich einer Hochspannungsleitung wohnen möchte, ist anzunehmen, dass die Diskussionen noch weiter andauern und die Gemeinden in vielen Fällen auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen werden, wenn sie im Nahbereich von bestehenden oder geplanten Hochspannungsleitungen neue Wohnbauzonen planen bzw. ausweisen sollen. Wir laden daher die Gemeinden ein, sich im Bedarfsfall für eine eingehende Analyse und Bewertung an die Landesumweltagentur, Labor für physikalische Chemie zu wenden, um abgesehen vom Grenzwert, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, welche die Exposition der Bevölkerung so gering als möglich halten", so der Leiter des Labors für physikalische Chemie.

jw