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Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Energiepolitik im Alpenraum

Die Strategien der Alpenländer standen im Mittelpunkt der Pressekonferenz mit LR Theiner, Franz Fischler und Wolfram Sparber beim "Energieforum Alpenraum 2016".

Wolfram Sparber (Alperia AG), Franz Fischler (Europäisches Forum Alpbach) und Energielandesrat Richard Theiner (v.l.) beim Energieforum Alpenraum in Bozen.

Um die zukünftigen Energiestrategien im Alpenraum ging es bei der heutigen Pressekonferenz (17. Mai) anlässlich des "Energieforum Alpenraum", das noch bis zum späten Nachmittag in der EURAC in Bozen läuft. Das diesjährige Energieforum – ausgerichtet vom Landesressort für Raumentwicklung, Umwelt und Energie gemeinsam mit dem "Europäischen Forum Alpbach" - knüpft an das "Energieforum Alpenraum 2014" in München an, bei dem erste Bausteine für eine "Energievision Alpenraum 2030" entwickelt wurden.

Mehrere Elemente kennzeichnen derzeit die Energiepolitik auf europäischer Ebene: Die Energiemärkte sind von zunehmender Volatilität gekennzeichnet und werden dies auch in Zukunft sein. Die Energiewirtschaft entwickelt sich immer mehr in Richtung Energiedienstleister, wobei viele neue Businessmodelle entstehen. In diesem Spannungsfeld steht der Alpenraum, der das Potenzial hat, als Speicher- und Transferraum in Zukunft bei der Versorgung mit erneuerbarer Energie eine entscheidende Rolle in Europa zu spielen.

"Eine gemeinsame Strategie aller Akteure ist dafür allerdings unumgänglich. Es sind die Regionen, die dabei im europäischen Energie-Szenario eine Schlüssel-Aufgabe innehaben", brachte Energielandesrat Richard Theiner die Hauptbotschaft der heutigen Tagung auf den Punkt.

Landesrat Theiner verwies auf die Herausforderungen des Klimawandels und damit einhergehend auf die Anstrengungen hin zu einer Energiewende in Europa: "An einer massiven Verringerung des Energieverbrauchs, einer Erhöhung der Energieeffizienz und einem Ausbau der erneuerbaren Energieträger führt kein Weg vorbei", erklärte Theiner. "Der Alpenbogen bietet allein schon durch seine Topographie gute Voraussetzungen, um hier einen wichtigen Beitrag zu leisten. Allerdings ist er auch ein besonders sensibler Raum. Insofern haben wir große Verantwortung zu übernehmen." Zudem seien die EU-Klima- und Energieziele im Alpenraum noch stärker als in anderen Räumen mit anderen Politikfeldern abzugleichen: nämlich mit den Bereichen Umwelt, Naturschutz, Gefahrenzonenmanagement, Raumordnung und nachhaltige Regionalentwicklung in peripheren Räumen."

Südtirols Beitrag zum Klimaschutz

Südtirol selbst, wo doppelt so viel Strom produziert als im Land verbraucht wird, habe sich 2011 einen umfassenden Landesklimaplan gegeben, der den Weg hin zum "KlimaLand Südtirol" vorzeigt. "Mit dieser langfristig angelegten Energie-Strategie Südtirol 2050 hat sich die Landesregierung zum Ziel gesetzt, dass bis 2020 der Anteil der regenerativen Energieträger an der im Land verbrauchten Energie mindestens 75 Prozent und bis 2050 über 90 Prozent betragen soll. Weiters sollen laut Landesklimaplan die CO2-Emissionen bis 2020 auf unter vier Tonnen und bis spätestens 2050 auf unter 1,5 Tonnen pro Person jährlich gesenkt werden", informierte der Landesrat.

Mit einer Vielzahl erneuerbarer Energieträger, die nachhaltig genutzt werden können, und einer Vielzahl von Energiebetrieben, die langjähriges Know-how in der Produktion und Verteilung aufweisen, stehe Südtirol gut da. "Wir zählen über 70 Fernwärmewerke, zudem sind im Land rund 50 Stromverteilungsbetriebe aktiv. Neben vielen kleinen privaten und kommunalen Betrieben übernehmen die Genossenschaften die Energieversorgung vor allem in der Peripherie. Demgegenüber steht in den zentralen, dichter besiedelten Räumen ein für unsere Verhältnisse großer Betrieb wie die in öffentlicher Hand befindliche Alperia", führte Theiner aus. Dieses energiewirtschaftliche Zusammenspiel von Groß und Klein sei ein wichtiger Standortvorteil für Südtirol. Das Land leiste mit diesem lokalen Energieversorgungssystem einen großen Beitrag zum Klimaschutz.

Dabei dürfe aber nicht das Einbeziehen der Bevölkerung vergessen werden. "Energieversorgung hat auch etwas mit Demokratie zu tun. Es kann nicht nur um Gewinnmaximierung gehen, sondern es muss gelingen, die Bevölkerung mitzunehmen", unterstrich der Landesrat. "Und es muss eine faire Beteiligung der Peripherie geben. Die erneuerbaren Energien sind eine Riesenchance für die Peripherie, diese muss jedoch auch einen erkennbaren Nutzen daraus ziehen, nicht nur die großen Zentren."

Landesrat Theiner dankte Franz Fischler, Präsident Europäisches Forum Alpbach, dem Ideator und Motor des Energieforums Alpenraum, der fest an das Potenzial der Alpenraums glaube und mit der heutigen Tagung auch den Blick über den eigenen Tellerrand erlaube.

Alpenländer müssen an einem Strang ziehen

"Es ist in der Energiepolitik eine neue Ära angebrochen, in der wir viele Chancen, nicht nur Herausforderungen für den Alpenraum sehen. Aus diesem Grund will das Energieforum Alpenraum ein neues gemeinsames Denken initiieren", erklärte Präsident Franz Fischler. Dazu wolle man Wissenschaftler, Politiker und Unternehmer an einen Tisch bringen und den Informationsaustausch unterstützen. "Nur mit einer gemeinsamen Strategie werden die Alpenländer in der Lage sein, ihre Chancen bestmöglich zu nützen ohne dabei diesen einmaligen Natur- und Lebensraum unverantwortlich zu beeinträchtigen."

Es sei an der Zeit, den Energiesektor auf nachhaltigere Beine zu stellen. "Wenn alle Alpenländer an einem Strang ziehen, dann kann die Alpenregion in zehn Jahren zum größten grünen Energiespeicher für die großen Zentren im Norden und Süden davon werden. Die Natur hat das Ihre längst getan, die topografischen Voraussetzungen sind ideal. Jetzt müssen Politik und Wirtschaft die energiepolitischen Weichen so stellen, dass der Alpenraum sein Potential zur Erreichung der Pariser Klimaziele entfalten kann. Diesem ambitionierten Anliegen sind wir heute deutlich näher gekommen", so Franz Fischler.

Einen Einblick in die Energiewende aus Unternehmersicht gab Wolfram Sparber, Vorstandsvorsitzender Alperia AG. "Der Energiesektor ist geprägt von sich stark verändernden Rahmenbedingungen. Vor allem die anhaltend tiefen Börsenpreise setzen Energieunternehmen unter Druck, die Investitionslage ist deshalb schwierig. Um auch in Zukunft gut aufgestellt zu sein, sind daher Überlegungen über neue Geschäftsmodelle notwendig", führte Sparber aus. Hier würden sich diverse mögliche Ausrichtungen wie zum Beispiel in den Bereichen Energiedienstleistungen, Energieeffizienz, dezentrale Energieerzeugung, E-Mobilität, aber auch in erweiterten Bereichen wie der Breitband-Umsetzung ergeben. "Es gilt einen Ausgleich zu finden zwischen den hohen globalen Zielen der Politik und der herausfordernden Wirtschaftslage", so Sparber. "Eine starke Zusammenarbeit der Alpenländer ist daher wichtig, um gemeinsam effiziente Strategien, etwa im Bereich der grenzübergreifenden Stromübertragung, entwickeln zu können."

Tagung wird am Nachmittag fortgesetzt

Über die EU-Energieunion sprach beim Energieforum Alpenraum am Vormittag Keyspeaker Lukas Wenert von der Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission. „2016 wird das Jahr der Umsetzung der EU-Energieunion sein, die im Februar 2015 vorgestellt wurde und mit der wir einen stabilen Rahmen für die die Energie- und Klimaziele bis 2030 vorgeben“, so Wenert. Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2030 gegenüber 1990 um 40 Prozent gesenkt werden, der Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix der EU auf mindestens 27 Prozent erhöht und die Energieeffizienz um 27-30 Prozent gesteigert werden. Dabei komme den Regionen eine Schlüsselrolle zu.

Ulrike Wolf-Prexler, Leiterin der Abteilung Energiepolitik und Energieinfrastruktur im Bayrischen Staatsministerium für Wirtschaft und Energie, beleuchtete die Situation der Energiewende in Bayern, das 2011 ein nachhaltiges Energiekonzept verabschiedet hat und 2014 zum Land mit den größten Fortschritten beim Umbau zu den Erneuerbaren Energien in Deutschland zählt.

Flavio Ruffini, Direktor der Landesumweltagentur, und Ulrich Santa, Direktor der Agentur für Energie Südtirol – KlimaHaus, stellten zudem am Vormittag die makroregionale Energie-Strategie EUSALP vor, einer der ersten Arbeitsschwerpunkte der Makroregion Alpenraum.

Am Nachmittag setzt sich die Tagung mit einem Panel zu den Konsequenzen aus der Weltklimakonferenz 2015 von Paris für den Energiesektor und dem Zukunftspotenzial erneuerbarer Energien in der EURAC fort.

Wer die Inhalte des Energieforums vertiefen will, hat dazu ab Freitag dieser Woche, 20. Mai, die Möglichkeit, auf www.alpbach.org das Ergebnispapier zum Energieforum Alpenraum 2016 in Bozen online einzusehen.

mpi

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