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Landesabteilung Natur und Landschaft informiert über Natura 2000

LPA - In diesen Tagen informiert die Landesabteilung für Natur und Landschaft die Gemeinden mit Natura-2000-Gebieten und die Techniker der Landesabteilungen Forstwirtschaft, Wasserschutzbauten, Raumordnung, Landwirtschaft und der Umweltagentur. Am Freitag, 13. Dezember 2002, geht um 8.45 Uhr die letzte der insgesamt drei Informationsveranstaltungen für die Gemeinden, die Techniker der Gemeindebauämter und die Landessachverständigen für Landschaftsschutz in den Gemeindebaukommissionen im Bildungshaus Schloss Goldrain über die Bühne.

Das ökologische Netzwerk Natura 2000 ist auch für die vielen direkt Betroffenen noch immer ein komplexes, schwer durchschaubares Regelwerk aus dem fernen Brüssel. Die Unsicherheit bei den betroffenen Grundeigentümern und Gemeinden ist oft groß: Einschränkungen und Verbote in der Landnutzung und die Einführung eines zusätzlichen Genehmigungsverfahrens für landschaftliche Eingriffe werden befürchtet.

"Uns ist klar, dass wir noch viel Informations- und Aufklärungsarbeit leisten müssen", meint Roland Dellagiacoma, der von Seiten der Landesabteilung für Natur und Landschaft für die Umsetzung von Natura 2000 als Direktor zuständig ist. An Öffentlichkeitsarbeit wurde jedoch schon einiges geleistet: Ein Buch und ein Faltprospekt sind veröffentlicht worden. Auf den Internetseiten der Abteilung im Südtiroler Bürgernetz sind unter www.provinz.bz.it/natur/natura2000 alle wichtigen Informationen naturschutzfachlicher und technischer Art abrufbar. Alle betroffenen Gemeinden, die interessierten Landesabteilungen und Interessenverbände haben ein detailliertes Rundschreiben über die Einführung der von Natura 2000 vorgeschriebenen Verträglichkeitsprüfung erhalten. "Aber es herrscht unbestritten noch Informationsbedarf, und außerdem möchten wir mit den Gemeinden und Verwaltern eine sachliche Diskussion über Natura 2000 in Gang bringen und konkrete Fragen im direkten Gespräch beantworten," so Dellagiacoma.

Deshalb bietet die Abteilung Natur und Landschaft in diesen Tagen eine weitere Informationsrunde für die Bürgermeister, die Techniker der Gemeindebauämter, die Landessachverständigen für Landschaftsschutz in den Gemeindebaukommissionen und die betroffenen Landesabteilungen an. Artur Kammerer und Enrico Brutti vom Landesamt für Naturparke informieren über Inhalte und Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) während Horand Maier vom Verwaltungsamt für Landschaftsschutz über die Verträglichkeitsprüfung Auskunft gibt.

Mit Natura 2000 soll der dramatische Rückgang an Pflanzen- und Tierarten in der Europäischen Union gestoppt werden. Deshalb sind in Brüssel mit der Vogelschutzrichtlinie aus dem Jahr 1979 und der FFH-Richtlinie aus dem Jahr 1992 verpflichtende Vorgaben im Naturschutzbereich erlassen worden, damit die Vielfalt an Arten und die Lebensräume erhalten werden. Ein europaweites Netz natürlicher und naturnaher Lebensräume soll die Natur- und Kulturlandschaft längerfristig erhalten. Dabei geht es laut Dellagiacoma nicht um absoluten Naturschutz im Sinne eines sogenannten "Reservatschutzes" – auch wenn das oft behauptet wird. Die FFH-Richtlinie zielt auf die Erhaltung eines günstigen Zustandes der Gebiete ab, wobei bestehende Nutzungen erhalten bleiben sollen bzw. in einigen Fällen sogar notwendig sind. Die EU hat dazu die Prinzipien des "Verschlechterungsverbots" und des "Umgebungsschutzes" eingeführt. Für die Natura-2000-Gebiete müssen Ziele und Maßnahmen zum Erhalt des guten Zustands festgelegt werden. Außerdem gilt es, die bisherigen Nutzungen auf diese Erhaltungsziele abzustimmen. Projekte und Pläne in Natura-2000-Gebieten und in deren unmittelbaren Umgebung unterliegen der sogenannten "Verträglichkeitsprüfung". Durch diese Prüfung soll sichergestellt werden, dass die geplanten Vorhaben den "Erhaltungszustand" des Gebietes nicht gefährden.

Die EU-Mitgliedstaaten und somit auch das Land Südtirol, das im Bereich Natur- und Landschaftsschutz primäre Zuständigkeit hat, können bei der Umsetzung von Natura 2000 relativ frei vorgehen. Die EU hat zwar Ziele vorgegeben und die wertvollen natürlichen und naturnahen Lebensräume sowie die wildlebenden Tier- und Pflanzenarten aufgelistet, deren Erhalt mit Natura 2000 angestrebt wird. Die konkrete Umsetzung bleibt aber in der Verantwortung und Zuständigkeit der EU-Länder. Verpflichtend für die EU-Staaten sind die Teilnahme an diesem anspruchsvollen, europaweiten Naturschutzprojekt und die Berichtspflicht über die Umsetzung des Lebensraum- und Artenschutzes.

Südtirol hat derzeit 41 Gebiete als Natura-2000-Gebiete ausgewiesen und liegt damit im nationalen Mittelfeld. Bei diesen Gebieten handelt es sich fast ausschließlich um bereits als Naturparks oder Biotope ausgewiesene Schutzgebiete. 52 Gemeinden in Südtirol sind von Natura 2000 betroffen. Seit Inkrafttreten der Verträglichkeitsprüfung Ende Oktober 2001 sind bereits 29 Verträglichkeitsprüfungen durchgeführt worden, wovon lediglich zwei negativ ausgefallen sind. Das ist für die Fachleute der Abteilung Natur und Landschaft ein erster Hinweis, dass viele Befürchtungen wohl überzogen waren, und dass Natura 2000 keineswegs das vielbeschworene "Ende jeglicher landschaftlichen Nutzung" in den betroffenen Gebieten darstellt.

Auch wird mit Natura 2000 kein zusätzliches Genehmigungsverfahren eingeführt. Die Verträglichkeitsprüfung fügt sich – mit einem annehmbaren bürokratischen Aufwand - nahtlos in die bestehenden Prozeduren ein. Allerdings ersetzt sie keine der anderen Ermächtigungen, auch nicht die Landschaftsschutzermächtigung. Natura 2000 bewertet nämlich nicht die landschaftsästhetischen Auswirkungen eines Eingriffs, sondern seine Auswirkungen auf den Lebensraum samt der darin vorkommenden Tier- und Pflanzenarten.

"Natura 2000 ist eine europäische Pflichtaufgabe für uns alle, und sie kann nur dann gelingen, wenn wir alle an einem Strick ziehen. Wir sind den Gemeinden selbstverständlich gerne bei der Klärung offener Fragen und Unsicherheiten behilflich. Bisher haben wir den Eindruck, dass die Bereitschaft zur Zusammenarbeit besteht und das ist schon ein guter Anfang", so die Bilanz von Roland Dellagiacoma nach den ersten beiden Informationsveranstaltungen.

SAN