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Erste Ergebnisse der Eiskernbohrung am Ortler

Vor genau einem Jahr waren Eiskerne entlang der gesamten 75 Meter tiefen Eiskappe des Ortlers auf 3.859 Metern gewonnen worden, jetzt wurden bei einer internationalen Tagung über Paleoklimatologie in Marseilles in Frankreich erste wissenschaftlichen Erkenntnisse. Dieses Projekt wird von der Landesabteilung für Brand- und Zivilschutz und der amerikanischen "National Science Foundation" getragen.

Eiskernbohrung Ende September 2011 am Ortler.

Ziel dieses Projektes ist die Untersuchung des tiefen Eises des Ortlers, um ein wertvolles Informationsarchiv über die Klima- und Umweltbedingungen der Vergangenheit in den Ostalpen anzulegen. "Gleichzeitig", erklärt Roberto Dinale vom Hydrographischen Landesamt, "zu den Untersuchungen der Eiskerne wird der Obere Ortler-Ferner als strategischer Observationspunkt des Klimawandels in höheren Lagen laufend beobachtet, besonders was die physische Änderung der Eiskappe und des Permafrosts anbelangt."

Trotz der wiederholten oberflächigen Eisschmelzvorgänge, die am Ortler vor allem im Laufe der letzten Sommer zu verzeichnen waren, wurden die im tief gelegenen Eis jährlich gespeicherten Informationen zu den atmosphärischen Eigenschaften der Vergangenheit noch nicht beeinträchtigt. Die Analysen, die von Paolo Gabrielli am Byrd Polar Research Center in Columbus in Ohio in den USA koordiniert werden, haben etwa zu Tage gebracht, dass in 41 Metern Tiefe eine leicht radioaktive Schicht anzufinden ist, die mit dem Jahr 1963 datiert wird. Diese Eigenheit, die bei weltweit durchgeführten Eisbohrungen von der Antarktis bis nach Grönland festzustellen ist, wird auf die stärksten und häufigsten Atomversuche in jenem Jahr zurückgeführt und dient somit der Datierung der Eiskernschicht. "So kann auch eine in 74 Meter Tiefe gefundene Baumnadel, die von Winden in der Antike dort hin verweht wurde, auf eine erste Altersschätzung des Grundeises am Ortler hinweisen. Mit der C14-Methode war es möglich, diesen organischen Teil als 2664 Jahre alt zu bestimmen, und somit dürfte das Ortler-Eis nahe dem Felsenuntergrund zwischen der ersten und zweiten Eisenzeit entstanden sein", führt Gabrielli aus.

"Diese ersten Resultate", erläutert Hanspeter Staffler, Direktor der Landesabteilung Brand- und Zivilschutz, "sind ermutigend, auch weil es gelungen ist, dieses Archiv über klimatische und Umweltinformationen noch anzulegen, bevor die seit 30 Jahren andauernde Klimaerwärmung diese Daten endgültig beeinträchtigen konnte." Die folgenden Analysen werden Genaueres über die Dauer der Klima- und Umweltgeschichte der Ortlereiskerne preisgeben.

Die Ortlerstudie ist ein internationales Projekt des Byrd Research Center der Universität Ohio in den USA und der Landesabteilung Brand- und Zivilschutz in Zusammenarbeit mit der Universität Venedig und dem nationalen Forschungsrat, der Universität Innsbruck, der Universität Bern in der Schweiz, der russischen Forschungsakademie in Moskau, der Universität Padua, dem Landesamt für Geologie und Baustoffprüfung, der Universität Pavia, dem Unternehmen Waterstones aus Vahrn und der Fernerkundungsgruppe der Eurac.

mac

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