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Neuer Agrar- und Forstbericht erschienen: Große Herausforderung Klimawandel

LPA - Der Agrar- und Forstbericht für das Landwirtschaftsjahr 2011 liegt vor. Landeshauptmann Luis Durnwalder und Agrarlandesrat Hans Berger haben die Zahlen und Daten heute (15. Mai) im Palais Widmann in Bozen vorgestellt.

LH Luis Durnwaler und LR Hans Berger bei der Vorstellung des Agar- und Forstberichts 2011.

Der Agrar- und Forstbericht wird jährlich von den Landesabteilungen für Landwirtschaft, für Forstwirtschaft, für Land-, forst- und hauswirtschaftliche Berufsbildung sowie für Land- und forstwirtschaftliches Versuchswesen gemeinsam erarbeitet und umfasst die wichtigsten Zahlen, Fakten und Entwicklungen zur Südtirols Land- und Fortstwirtschaft.

Landeshauptmann Luis Durnwalder, in der Landesregierung für die Forstwirtschaft zuständig, gab einen Überblick über das abgelaufene Forstjahr. "2011 war von der UNO zum Internationalen Jahr der Wälder ausgerufen worden, dementsprechend hat die Landesabteilung Forstwirtschaft das ganze Jahr über mit zahlreichen Veranstaltungen und einer Waldoper für Kinder, die insgesamt 2.400 Schülerinnen und Schüler gesehen haben, Sensibilisierungsarbeit zur Bedeutung des Waldes geleistet", berichtet Durnwalder.

Südtirol ist derzeit von 336.698 Hektar Wald und 35.485 Hektar "anderen bewaldeten Flächen" bedeckt. "Bei meinem Amtsantritt 1989 waren es noch 310.000 Hektar gewesen. Landesweit nimmt die Waldfläche also zu", unterstreicht der Landeshauptmann. Diese Zunahme finde vorwiegend in wenig besiedelten Gebieten statt, während in den urbanisierten Gebieten ein Druck auf die Restwaldflächen zu verspüren sei. "Jährlich werden über Kulturänderungen circa 90 bis 100 Hektar Wald in andere Kulturformen umgewandelt, dennoch ist die Bilanz positiv", so LH Durnwalder, der darauf hinweist, dass in Südtirol im Durchschnitt auf einen Hektar Wald nur 1,5 Einwohner kommen, während es in Deutschland und Italien sechs Einwohner sind. 

"In diesem Zusammenhang kann die wichtige Schutzfunktion des Waldes in Südtirol für Siedlungen, Verkehrswege und sonstige Infrastrukturen nicht oft genug unterstrichen werden", sagt der Landeshauptmann. 58 Prozent der Wälder in Südtirol sind Schutzwälder.

Eine Analyse der Besitzstruktur zeigt, dass Südtirols Wald mehrheitlich (68 Prozent) in Privatbesitz ist. Von den insgesamt 21.000 Waldbesitzern können über 9.000 nur eine Waldfläche von bis zu 2,5 Hektar ihr Eigen nennen, während lediglich 52 Betriebe in Südtirol über eine Waldfläche von über 250 Hektar verfügen. "Die Kleinteiligkeit, die die Besitzverhältnisse kennzeichnet, hat zwar waldwirtschaftliche Nachteile, schafft aber einen direkten Bezug der Bevölkerung zum Wald", ist LH Durnwalder überzeugt.

Den Gesundheitszustand des Waldes bezeichnet er als sehr gut. "79 Prozent der Südtiroler Waldfläche sind gesund. 21 Prozent wurden 2011 von Schadereignissen heimgesucht, wobei sich der Großteil davon wieder erholt. Nur auf 0,4 Prozent der gesamten Waldfläche bewirkten die Ereignisse das Absterben von Pflanzen wie beispielsweise bei Windwurf oder Schneebruch", berichtet LH Durnwalder.

Eine große Herausforderung stelle allerdings der Klimawandel dar, durch den es zu einem Vorrücken des Waldes in höhere Lagen kommt. "Für Südtirol wird für die nächsten 40 Jahre mit einem weiteren Anstieg der Temperaturen um ein bis drei Grad Celsius gegenüber dem langjährigen Mittel gerechnet", so LH Durnwalder. "Nur ein aktiv und naturnah bewirtschafteter Wald, in dem das Verhältnis Wild-Wald stimmt, wird in der Lage sein, diese Veränderungen zu meistern."

In der Waldbewirtschaftung wurde im abgelaufenen Jahr mit über 870.000 vom Forstpersonal ausgezeigten Vorratsfestmetern ein neuer Spitzenwert erreicht. In den Jahren zuvor waren es im Schnitt rund 600.000 bis 650.000 Vorratsfestmeter gewesen. "Das ist einerseits auf einen relativ großen Anteil an Schadholz aufgrund Schneebruch oder Windwurf, andererseits auf die gestiegenen Holzpreise zurückzuführen und ist gut so", unterstreicht der Landeshauptmann. Aufholbedarf gebe es jedoch noch bei der Belieferung der insgesamt 71 Fernheizwerke in Südtirol: Sie benötigen 1,3 Millionen Schüttraummeter Hackschnitzel. Davon wird jedoch nur 13 Prozent direkt von den heimischen Waldeigentümern bereitgestellt, knapp 50 Prozent stammt von Sägewerken und immerhin noch 39 Prozent des Hackguts muss von den Südtiroler Fernheizwerken von außen zugekauft werden. "Hier könnten die Waldbauern noch viel aktiver werden", betont Durnwalder.

Südtirol zählt 1739 Almen, die insgesamt 22 Prozent der Landesfläche ausmachen. Insgesamt wurden im Jahr 2011 87.000 Stück Vieh gealpt und die Almen spielen eine wesentliche Rolle in Südtirols Kulturlandschaft. Dieser Bedeutung trägt die internationale Almwirtschaftstagung Rechnung, die vom 27. bis 29. Juni 2012 über die Landesabteilung Forstwirtschaft in Bruneck organisiert wird.

Zur Personalausstattungerklärt der Landeshauptmann, dass derzeit im Südtiroler Forstdienst 404 Personen beschäftigt sind, davon 263 Förster. Diese Anzahl muss bis 2015 um weitere zwölf Einheiten reduziert werden, sodass ein Kontingent von 392 übrig bleibt. "Diese Anzahl ist aufgrund der Vielfalt der zu bewältigenden Aufgaben nötig", erklärt LH Durnalder.

Landesrat Hans Berger ging im Anschluss auf das Landwirtschaftsjahr 2011 und die Entwicklungen in den verschiedenen Sektoren ein. "Ebenso wie die Forstwirtschaft stellt der Klimawandel auch die Südtiroler Landwirtschaft vor große Herausforderungen", betont Landesrat Berger. Das habe sich 2011 durch verschiedene extreme Wetterereignisse gezeigt. "2011 war ein ausgesprochen sonniges und überdurchschnittlich warmes Jahr mit großer Trockenheit und Hitze im Frühjahr und Herbst. Die Sommermonate hingegen waren regnerisch und gewittrig und brachten schwere Hagel- und Windschäden mit sich", so der Landwirtschaftslandesrat. Insgesamt sei die Bilanz für das abgelaufene Landwirtschaftsjahr jedoch positiv, auch wenn die Wirtschaftlichkeit für die Bauern durch steigende Kosten insbesondere im Energiebereich gefährdet sei.

In der Milchwirtschaft lässt sich im Jahr 2010/2011 weiter ein Trend zur Spezialisierung feststellen. "Die Anhzahl von milchproduzierenden Betrieben ist wiederum leicht gesunken, die mittlere Milchquote pro Hof jedoch im Steigen", erklärt LR Berger. Während diese vor zehn Jahren noch 55.000 Kilogramm Milch pro Hof betrug, beläuft sie sich heute auf 75.000 Kilogramm pro Hof. Mit 50,7 Cent pro Liter liegt der mittlere Erzeugerpreis der Südtiroler Milch weit über dem EU-Durchschnitt von 34 Cent. Weiter im Aufwind sind die Direktvermarkter - 2011 produzierten 115 Direktvermarkter 2,3 Millionen Kilogramm Milch - sowie die Biomilchproduzenten. "Die Nachfrage nach Biomilchprodukten übersteigt das Angebot bei weitem und macht Lösungen in der Biomilchsammlung erforderlich", betont Berger, für den die Entwicklung in Richtung "Biomilchtäler" gehen müsse. 

In der Viehvermarktung ist die Anzahl der vermarkteten Tiere etwas gesunken, während die Preise durchschnittlich leicht angestiegen sind. Die Zahl jener Betriebe, die auf Pferde-, Schaf- oder Ziegenhaltung umsteigen, ist weiter im Steigen begriffen. "Auffallend ist auch die starke Entwicklung im Bereich Legehennenhaltung, wo derzeit 49 Betriebe mit rund 260.000 Hühnern Frischeier produzieren. Im Schnitt zählt jeder Betrieb zwischen 500 und 6.000 Legehennen", so der Landesrat.   

Im Obstbau hat sich der Trend von erntestarken Jahrgängen fortgesetzt. Zum vierten Mal in Folge konnte die Grenze von einer Million Tonnen überschritten werden. Im Vergleich zur Erntemenge 2010 wurde trotz Ausfällen durch Hagelschlag eine Steigerung von sieben Prozent erreicht und eine Erntemenge von 1,180 Millionen Tonnen erzielt. "Rekordernten bedeuten aber nicht automatisch Rekordgewinne, denn die Preisentwicklung ist weiter schwierig. Im Vergleich zur schwierigen Saison 2009/10 konnten die Auszahlungspreise jedoch wieder deutlich über die Produktionskosten gehoben werden", bestätigt Berger. Ein großes Problem im Obstbau stellte 2011 der Feuerbrand dar - es wurden 540 Fälle bei über 500 Betrieben in 37 verschiedenen Gemeinden festgestellt. Hier geht die Bekämpfung ebenso wie jene des Besenwuchs weiter.

Seit dem Jahr 2000 hat die Rebfläche in Südtirol um 380 Hektar zugenommen, sodass sich die Gesamtrebfläche mittlerweile auf 5.320 Hektar beläuft. Davon entfallen 57 Prozent auf Weißwein und 43 Prozent auf Rotwein. Die Weinlese begann 2011 aufgrund des warmen Herbstes rund zwei Wochen früher als normal und die Erntemenge lag mit 340.000 Hektoliter Wein schlussendlich im langjährigen Durchschnitt. "Die geerntete Qualität lässt einen guten Jahrgang 2011 erwarten", berichtet Landwirtschaftslandesrat Berger. Südtirol produziere auf höchstem Niveau und genieße national und international große Anerkennung. Umso wichtiger sei es, die Forschung im Bereich Kirschessigfliege weiter voranzutreiben.

Auch der Beerenobstbau war 2011 von der Kirschessigfliege betroffen. Dadurch und aufgrund der trockenen Witterung im Frühjahr fielen die Erträge 2011 niedriger aus. Die Anbaufläche hat hingegen wiederum leicht zugenommen und beläuft sich auf 187 Hektar insgesamt, davon entfallen 125 Hektar auf Erdbeeren. Mit 35 Hektar bzw. 65 Hektar spielen auch die Marillen und Süßkirschen eine gewisse Rolle.

Was die Beratung betrifft, soll diese nach dem Vorbild des Obst- und Weinbaus im Bereich Grünland- und Viehwirtschaft in den kommenden Jahren stark ausgebaut werden. Landesrat Berger: "Wir müssen den Jungbauern beratend zur Seite stehen und ihnen Alternativen zur klassischen Milchproduktion aufzeigen." Erfreulich sind die weiterhin steigenden Einschreibungszahlen an den land-, forst- und hauswirtschaftlichen Fachschulen: Mit 993 Schülerinnen und Schülern haben diese nur knapp die tausender Grenze verfehlt. "Das entspricht einer Verdoppelung der Schülerzahlen in den vergangenen zehn Jahren", so Landwirtschaftslandesrat Berger. "Es zeigt, dass die jungen Leute an eine Zukunft in der Landwirtschaft glauben."

Der Agrar- und Forstbericht 2011 ist als gedruckte Broschüre oder als CD erhältlich in den Landesabteilungen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Land-, forst- und hauswirtschaftliche Berufsbildung und Land- und forstwirtschaftliches Versuchswesen.

mpi