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Mure im Pfossental: Experten finden Reste unterirdischen Gletschersees

(LPA) Nicht schlecht staunten zahlreiche Wanderer im Pfossental am vergangenen Freitag. Bei strahlendem Sonnenschein hatte sich zwischen Vorder- und Mitterkaser eine Mure gelöst, die sich von den Rossböden kommend in den Pfossentaler Bach ergoss. Experten der Landesabteilung Wasserschutzbauten und des Hydrographischen Amtes sind in den vergangenen Tagen den Ursachen des ungewöhnlichen Naturschauspiels auf den Grund gegangen - und auf einen unterirdischen Gletschersee gestoßen.

Über eine Stunde lang wälzte sich die Mure an zahlreichen Wanderern vorbei
Es war am Freitag gegen 13.30 Uhr, als sich die Mure am Stockferner in etwa 3000 Metern Meereshöhe löste und sich in Form eines Schlammstromes über eine Stunde lang durch das Bett des Pfossentaler Baches wälzte. Nicht weniger als 15.000 Kubikmeter Material hat sie dort abgelagert, sonst aber keine größeren Schäden verursacht. "Es wurde lediglich ein Fußgängersteg und ein kurzes Straßenstück zerstört", so Mauro Spagnolo, Direktor des Amtes für Wildbach- und Lawinenverbauung West. Dies hatte wiederum zur Folge, dass etliche Wanderer den Bach nicht mehr passieren und das Tal damit erst mit Hilfe der Feuerwehr verlassen konnten.

Bereits am Tag nach dem Ereignis wurde die Ursachenforschung für das seltene Naturschauspiel aufgenommen. "Murereignisse bei Schlechtwetter sind ganz normal, eine Mure bei Sonnenschein und Hitze dagegen weit seltener", erklärt dazu Hanspeter Staffler, stellvertretender Direktor der Abteilung Wasserschutzbauten, der die Suche nach den Ursachen der Schönwetter-Mure im Pfossental leitet.

Unter die Lupe genommen wurde dabei vor allem der Ausgangspunkt der Mure am Stockferner, einem Gletscher, der - weil stark geschrumpft und von Geröll bedeckt - als solcher kaum noch zu erkennen ist. An seinem unteren Ende stießen die Fachleute der Abteilung Wasserschutzbauten und des Hydrographischen Amtes auf ein großes, rund 20 Meter breites und sieben Meter hohes Tor. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich dieses als eingestürzte Kaverne, die ursprünglich geschlossen und aufgrund der Hitze in den vergangenen Wochen mit Schmelzwasser gefüllt war. "Ob der Wasserdruck die Gletscherkammer zum Einsturz brachte oder ob sie von selbst eingestürzt ist, kann im Nachhinein nicht mehr gesagt werden", erklärt Christoph Oberschmied vom Hydrografischen Amt. Wahrscheinlich ist allerdings, dass auf einen Schlag mehrere tausend Kubikmeter Wasser freigegeben worden sind. "Am meisten Material hat das Wasser auf einer Höhe von 2700 Meter mitgerissen, wo es bis zu zehn Meter tiefe Gräben in relativ jungen Moränenschutt gerissen hat", so Staffler. 

"Wenn so ein See plötzlich ausbricht, kann ein harmloses Bächlein zum reißenden und hochgefährlichen Wildbach werden", so Rudolf Pollinger, Direktor der Landesabteilung Wasserschutzbauten. Er rät deshalb Bergsteigern und Wanderern davon ab, sich im Hochgebirge allzu lang in Bachbetten aufzuhalten.

chr