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Kohlenstoffbilanz der Wälder: Weltweit genaueste Messungen am Ritten

(LPA) "Den Atem des Waldes" versuchen Experten des Landesforstdienstes und der Landesumweltagentur mit Hilfe modernster Messgeräte am Ritten zu messen. Konkret geht es darum, den Austausch von Kohlendioxid (CO2) zwischen Wald und Atmosphäre festzustellen und – in Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten in Schweden, Belgien und Deutschland - ein mathematisches Modell zur Errechnung der Kohlenstoffbilanz eines Waldökosystems zu erstellen. Die Messstation am Ritten ist heute (29. Juni) den Medien vorgestellt worden.

Auf fünf vierzig Meter hohen Masten misst modernste Technik den "Atem des Waldes"
Wie Stefano Minerbi vom Landesforstdienst und Luigi Minach, Leiter des Landeslabors für physikalische Chemie, heute erklärten, sei das Problem des Ausstoßes von Kohlendioxid der Öffentlichkeit vor allem im Zuge der Debatte um den Treibhauseffekt vor Augen geführt worden. Mit dem Kyoto-Protokoll, das im Februar dieses Jahres in Kraft getreten ist, sind die Signatarstaaten, darunter auch die EU-Mitglieder die Verpflichtung eingegangen, die Emissionen von Treibhausgasen und damit auch von Kohlendioxid beträchtlich zu verringern.

Das Interesse am Wald weckt in diesem Zusammenhang vor allem dessen Fähigkeit, Kohlendioxid zu speichern und damit den Emissionen entgegen zu wirken. "Grundsätzlich ist auch im Kyoto-Protokoll bereits vorgesehen, diese Fähigkeit des Waldes in die Kohlenstoffbilanz der einzelnen Staaten einfließen zu lassen", erklärt dazu Minerbi. So sollten in Zukunft Waldbesitzer Kohlenstoffzertifikate bekommen, die sie Unternehmen, die zu viel Kohlendioxid ausstoßen, verkaufen können. "Eine entsprechende Börse existiert bereits in London (www.pointcarbon.com), an der derzeit ein Zertifikat für eine Tonne Kohlendioxid um rund 23 Euro gehandelt wird", so Minerbi.

Problematisch ist dabei, dass heute niemand im Stande ist, den Kohlendioxid-Austausch zwischen Waldökosystemen und der Atmosphäre exakt zu messen und damit auch nicht, die Fähigkeit des Waldes zur Speicherung von Kohlendioxid zu quantifizieren. Genau hier setzt das EU-Projekt "Carboeurope" und in dessen Rahmen das Projekt "Advex" an, für das die Messstation auf dem Ritten erweitert worden ist. "Wir verfügen hier über die modernste Messtechnik, die die wohl weltweit genauesten Daten über die Kohlenstoffbilanz eines Waldökosystems liefern", erklärte heute Luigi Minach.

Dabei basiert die Messstation auf einer bereits 1997 in Betrieb genommenen, die den Kohlendioxidaustausch in kleinsten Luftwirbeln misst, und zwar nicht weniger als 100 Mal in der Sekunde. "Wenn nun die Luft aber stillsteht, etwa in der Nacht, oder ein kräftiger Berg- oder Talwind zwar für vertikale oder horizontale Luftströmungen, nicht aber für Luftverwirbelungen sorgt, stößt die bestehende Technik an ihre Grenzen", so Minerbi. Aus diesem Grund hat man fünf nicht weniger als 40 Meter hohe Türme im Wald errichtet, an denen modernste Messtechnik den Kohlendioxid-Fluss auch in diesen Strömungen misst.

"Ziel des Projektes Advex ist, zu einem allgemein gültigen mathematischen Modell zu kommen, mit dem die Kohlenstoffbilanz eines Waldökosystems errechnet werden kann", so Minach. Dazu dienen auch Referenzmessungen, die in Zusammenarbeit mit renommierten Forschungsinstituten in Belgien, Schweden und Deutschland im Sommer kommenden Jahres vorgenommen werden. Bereits Ende des kommenden Jahres, wenn das EU-Projekt "Advex" ausläuft, soll eine entsprechende Formel vorliegen.

chr